Schumpeter und die Finanzdienstleistungsindustrie

 

Wer war noch mal Schumpeter?

 

Joseph Alois Schumpeter war ein gebürtiger österreichischer Nationalökonom und Politiker. Er lebte von 1883 bis 1950.

 

Er befasste sich unter anderem mit den Eigenheiten von wirtschaftlichen Entwicklungen. Eine seiner Kernaussagen lernen Studenten noch heute noch unter dem Begriff der „Schöpferischen Zerstörung“.

 

Was hat Schumpeter mit heute zu tun?

 

Wir leben in einer Schumpeterschen Zeit vom Feinsten. Schumpeter analysierte, dass jede ökonomische Entwicklung – im Sinne von nicht bloß quantitativer Entwicklung – auf dem Prozess der schöpferischen bzw. kreativen Zerstörung aufbaut. Durch eine Neukombination von Produktionsfaktoren, die sich erfolgreich durchsetzt, werden alte Strukturen verdrängt und schließlich zerstört.

 

Heute bezeichnet man die die schöpferische Zerstörung als Disruption.

 

Was Schumpeter und die Disruptiven meinen ist, dass diese Kräfte auch vor bisher sicher geglaubten Grenzen nicht halt machen.

 

Und hier ist der Fehler: Viele reden von Disruption, meinen aber weitgehend nur ihren eigenen Bereich. Beispiel: Banken definieren Disruption weitgehend als brancheninternes Problem. Man ist nicht digital genug. Wenn man das löst, dann ist alles gut.

 

Zugegeben: Es gibt auch oft Hinweise auf die Apple-Bank und wie ungeschickt das wäre, wenn es sie denn gäbe. Das ist mal ein Seitenblick über die eigene Branche hinaus. Aber man tröstet sich damit, dass sie dann ja auch eine Bank ist, und zum Klub gehört.

 

Das stimmt so nicht. Das greift im Schumpeterschen Sinne zu kurz. Die Disruption ist ein Mechanismus, der alte Branchengrenzen und Arbeitsteilungen einreißt. Und neue definiert. Heute ist der Zerstörungsmechanismus Technologie, die viele tradierten Wahrheiten wegbläst. Auch den, dass Finanzdienstleister ewig bestehen müssen wie heute.

 

Sind Finanzdienstleister Opfer oder Treiber des Schumpeterschen Prozesses?

 

In dem Beitrag „Vom Lebensmittelpunkt zum Auslaufmodell“ habe ich das „Untergehen“ vorhergesagt. Und zwar in dem Sinne, dass Finanzdienstleister zu reinen Produktanbietern werden. Und das alle Nacharbeiten nach dem Verkauf eines Produktes (Back Office) von anonymen Abwicklungsfabriken getan werden. Vertrieb wird nicht mehr ein Thema der tradierten Finanzdienstleister sein. Das übernehmen andere.

 

Dazu stehe ich auch weiter. Die Banken haben es versäumt aktiver Teil der Disruption zu sein. Die meisten Dinge, die sie tun, um „disruptiv“ zu sein, ist lediglich die Elektrifizierung von bestehenden Prozessen. Das ist wichtig, aber nicht entscheidend, um im Schumpeterschen Sinne aktiver Teil der schöpferischen Zerstörung zu sein.

 

Das wird alles nicht von heute auf morgen passieren. Aber wir sind mittendrin. Vielleicht gibt es ja wieder einen Bruch, der das Spiel in eine andere Richtung umschlagen lässt. COVID-19 hat uns ja auch schon gelehrt, dass nichts gewiss ist.

 

Das wäre echt Glück. Aber will man sich darauf verlassen?

 

Siehe auch:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6pferische_Zerst%C3%B6rung

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schumpeter