Portale des Lebens (2)

Zum Gesamtverständnis bitte den ersten Teil des Betrags lesen.

 

Vor 1965 – Das Perlenschnurportal

 

Man kann die Perioden für die einzelnen Portalwelten nicht genau definieren. Entwicklungen laufen nicht synchron. Die USA waren immer weiter als die Bundesrepublik. Stadt und Land sind ebenfalls unterschiedlich schnell in den Entwicklungsprozessen.

 

Wenn man auf Deutschland schaut, dann ist die Nachkriegszeit von eher sehr lokalen Portalen gekennzeichnet. Das lag vor allem auch daran, dass die Menschen nicht so beweglich waren. Nur wenige hatten ein Auto. Aber auch daran, dass man sich traditionell noch lokal organisierte.

 

Ich nenne das das Perlenschnurportal. Alles, was man so für sein tägliches Leben brauchte, war an der Straße in einer Reihe wie in einer Perlenschnur vorhanden: Konsum, Friseur, Metzger, Bäcker, Schuhmacher, Drogerie, Gasthaus, Kohlenhändler. Wenn es fortschrittlich war, dann gab es schon eine Tankstelle, eine Eisdiele oder einen Imbiss. Oder sogar eine Post und eine Sparkasse. Ganz was Dolles.

 

Wichtige Sachen, die nicht an der Perlenschnur lagen, waren in einem Aushang präsent. Aushang? Ja, das sind diese stabilen Kästen auf Augenhöhe mit einer Glasscheibe mit den An- und Abkündigungen und mit Werbung. Wenn man das las, dann wusste man, wann das Feuerwehrfest ist, wer wen heiratet und wer am Sonntag in der 1. Herren des Fußballvereins spielt.

 

Für Großanschaffungen, wie eine neue Hose, Jacke oder Kinderschuhe, mußte man in die nächst größere Stadt oder in die Innenstadt.

 

Nicht zu vergessen: In vielen Gegenden gehörten auch die Kirchen zur Perlenschnur.

 

Die große weite Welt gab es aus der Zeitung, am Radio oder in den ersten Fernsehern mit Köpcke und Co. Urlaub wurde einmal im Jahr gemacht, wenn überhaupt. Im Sauerland oder Schwarzwald, vielleicht noch nach Holland oder Österreich. Wenn´s ganz hoch kam, dann Italien.

 

Lohn wurde noch in der wöchentlichen Lohntüte ausgezahlt. Die Umstellung auf Bargeldlos war erst gerade in Gang gekommen. Wer sparen konnte, hatte ein Sparbuch. Privatkredit war weitgehend unbekannt.

 

Fast alles spielte sich bar ab. Banken waren nicht oft im persönlichen Leben der Menschen wirklich verankert. Das Sparbuch war weitgehend der einzige Kontaktpunkt. Für die Menschen waren die Banken meist von untergeordneter Bedeutung. Wenn eine Gesellschaft mit Bargeld funktioniert, ist der „Mittelsmann“ Bank nicht nötig.

 

Eine Mittelsmann-Funktion wäre auch gar nicht möglich gewesen, weil die Infrastruktur nicht vorhanden war. Selbst Platzüberweisungen konnte Tage dauern. Computertechnologie war noch ganz in den Anfängen. Mechanische Rechenmaschinen waren die Computer der Zeit. Alles schön analog. Allerdings hatten die meisten Banken in Deutschland, auch wegen des zunehmenden Wohlstands, den Massenmarkt fest im Blick.

 

Trotzdem: Im Portal des Lebens für die meisten Menschen war die Welt des Banking exotisch. Man hatte kaum Berührungspunkte. Und wenn, dann mit Ehrfurcht.

 

Das sollte sich ändern. Im nächsten Beitrag werden die Portale des Lebens durchgerüttelt.

 

 

 

Siehe auch:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Senecio_rowleyanus

 

https://www.rottweil.net/wiki/Ansichten/Innenstadt/ObereHauptstrasse/Hauptstrasse_15/Um1960_01

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Lochkarte

 

https://unternehmensgeschichte.de/files/63/ImpulsbeitragBanken.pdf

 

https://www.amazon.de/Geschichte-deutschen-Kreditwirtschaft-seit-1945/dp/3781906191

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bank#Aufbau_eines_breiten_Publikumsgesch%C3%A4fts